Die Adresse lässt sich mit Hilfe der Differenz Rolle/Person genauer bestimmen: hier der Fußballer, dort Manuel Neuer, hier der Trainer, dort Jupp Heynckes. Die Rolle ist eine schematische Adresse, sie bündelt Verhaltenserwartungen, die sich an den Inhaber einer sozialen Position richten, während die Person den konkreten Menschen meint.
Von der Person Jupp Heynckes erwartet man, dass sie individuell attribuierte Einschränkungen von Verhaltensmöglichkeiten verkörpert. Sie gelten nur für den, für den sie gelten: ihn. Es sind Erwartungsrestriktionen, die sich in den meisten Fällen aus der persönlichen Bekanntschaft ergeben. Sie schränken Verhaltensmöglichkeiten von Menschen ein, die ja prinzipiell zu kontingentem Verhalten fähig sind. „Jupp Heynckes ist charakterlich einwandfrei und absolut integer.“ (Rudi Völler, Bild 26.3.2011, S. 16)
Eine Person ist also genau genommen kein Mensch, sondern eine sozial hervorgebrachte, Erwartungen aggregierende Adresse: eine »Erwartungscollage« (Luhmann). Man erwartet vom zukünftigen Bayern-Trainer Jupp Heynckes, dass es am 30. Spieltag (17. April 2011) beim Spiel Leverkusen gegen München nicht zu einem Interessenkonflikt kommt, dass er sich als charakterlich einwandfrei und absolut integer erweist. Und Heynckes weiß, was man von ihm als Person erwartet: „Mit Leverkusen Platz 2 zu festigen. Das ist meine Aufgabe.“
Der Unterschied der Person zur sozialen Adresse ist gleichbedeutend mit dem Unterschied von Rolle und individueller Rollen-Ausführung: hier der charakterlich einwandfreie Trainer – dort Jupp Heynckes. Das Bewusstsein von Jupp Heynckes ist dabei nicht identisch mit der Person, es ist nicht nur soziales Konstrukt. Es ist aber genauso wenig etwas Ursprüngliches, vorgängig Strukturiertes, Authentisches, das im Nachhinein mit ihm fremden, uneigentlichen Erwartungen (absolute Integrität, einwandfreier Charakter) konfrontiert und kommunikativ restringiert wird. Als Sinnform wirkt sich die Person gleichermaßen auf psychische wie soziale Systeme aus, da beide ihre kombinatorischen Möglichkeiten diesem Spielraum verdanken.
Ein Jupp Heynckes findet sich genau an dieser Funktionsstelle wieder. Als Person ist er in dieser Funktion situiert, sie fungiert als strukturelle Kopplung – als Medium – des eigenen psychischen und des sozialen Systems, in das sich beide einschreiben. Sie ist eine Zweiseitigkeit, die einerseits den Fußball mit Führung versorgt und dem Bewusstsein andererseits die Wahl lässt, sich entweder mit den Zumutungen einer Adressierung als Person zu arrangieren, diese Offerte anzunehmen (Ja, ich bin absolut integer und charakterlich einwandfrei) oder aber die Akzeptanz zu verweigern, Widerstand und Abwehr zu produzieren, es also auf Konflikt anzulegen.