Die Idee ist, Pop als ein Funktionssystem der Gesellschaft zu begreifen.
Soweit ich weiß, gibt es kein Buch von Luhmann mit dem Titel: ‚Der Pop der Gesellschaft’.
Na und? Was spricht dagegen, Pop als System aufzufassen?
Pop kann kein System sein. Die hermetisch geschlossene Begriffsarchitektur der Systemtheorie provoziert solche Thesen wie die deine. Aber die Referenz ist doch wohl kaum das Begriffssystem respective die Begrifssystematik. Ich glaube, durch die Promovierung zum Funktionssystem gehen eher Ideen verloren.
Ich sehe das relativ locker. Die Idee ist, Pop als die Permanenz von Kommunikationen zu beschreiben, die sich im Schema Hit/Flop beobachten lassen.
Ich sehe das auch locker. Aber ich glaube, dass es wichtig ist, empirisch vorzugehen. Und genau hinzusehen. Pop kann kein System sein.
Und warum nicht?
Dazu müsstest du eine Funktion angeben können.
Die Funktion ist die Blockade von Kontingenz. Ich beobachte Pop als Verkettung von ganz bestimmten Kommunikationen, die sich beziehen lassen auf die Blockade von Kontingenz, genauer: von Reflexion.
Ich finde einen Popbegriff, der nur auf eine einzige funktionale Bestimmung zurückgreift, ziemlich einseitig. Er lässt zuviel zu und leistet zu wenig.
Komplizieren kann man ja dann immer noch.
Soll ich dir sagen, wie ich es machen würde?
Bitte.
Ich hätte so konzipiert: Pop erst mit Hilfe des poststrukturalistischen Theorems des ‘leeren Signifkanten’ rekonstruiert, um es dann als Programm des Systems der Massenmedien zu rekonstruieren, das vor allem über die Aktualitäts- und Archivierungsorientierung funktioniert. Man müsste dann empirisch viel genauer hinsehen. Außerdem würde man das Phänomen nicht allzu schnell eindampfen auf bestimmte Formen. Eine Netrebko wäre dann einerseits als Pop sichtbar, andererseits als Kunst. Und man könnte sehen, dass Figuren wie dieser unsägliche David Garrett –
Du magst David Garrett nicht?
Ich hasse ihn. Klassische Musik funktioniert bei ihm nur als leerer Signifkant. An solchen Grenzfällen würde ich ansetzen. Damit deutlich wird, welche Form solche Dinge annehmen, wie sich Ökonomie, Kunst selbst Religion parasitär des Pop-Programms bedienen, um dann eigene Formen zu etablieren. Wie gesagt, ich habe den Eindruck, dass man so etwas empirischer an die Sache herankäme. Pop als Funktionssystem – das leuchtet schon intuitiv nicht ein.
Ganz genau.