Der Anfang des Systems ist schwer zu datieren. Gegenüber der Vorentwicklung, die bereits im 18. Jahrhundert einsetzt, ist eine Abgrenzung nicht leicht. Irgendwie (durch Rock’n’Roll), irgendwo (in den USA), irgendwann (in den 50er Jahren) beginnt die Rekursivität der autopoietischen Reproduktion sich selbst zu fassen – das System schließt sich. Für Pop zählt seitdem nur noch Pop. Alles andere – Religion, Kunst, Politik – wird als Irritation wahrgenommen.
Der primäre Selektionsmechanismus aller Gesellschaften liegt in der Differenzierung von Interaktionssystemen und Gesellschaftssystem. Die Frage ist, wie sich gesamtgesellschaftlich durchsetzt, was innerhalb einzelner Interaktionssysteme auftaucht. Interaktionssysteme können abweichende Meinungen kaum ignorieren. Entsprechend hoch ist die Wahrscheinlichkeit der Strukturtransformation – so hoch, dass es hier eigentlich keine Evolution geben kann. Die Selektion kann nicht unabhängig eingerichtet werden, sie geht jeder Variation »auf den Leim« (Luhmann). Nicht alles, was in einem Interaktionssystem geschieht, wirkt sich also auf die Strukturen der Gesellschaft aus. Im Gegenteil: gerade weil Gesellschaft fortbesteht, kann in Interaktionssystemen experimentiert werden. Aber nur wenige dieser Innovationen – oder: Absonderlichkeiten – können den Filter zu gesellschaftsweiter Diffusion passieren. Anders verhält es sich im Falle sogenannter Subkulturen. Hier können sich Abweichungen länger halten.
Das Element, das eine solche subkulturelle Gemeinschaft zusammenhält, scheint immer eine gemeinsame Beziehung zu einem Ding zu implizieren, das aber keines ist, sondern »die Sache«. Für die Schlurfs war diese Sache der Swing, für die Beatniks war es der Bebop. Für die Jugendlichen der 50er Jahre ist es der R&B – als eine Musik, die nur einer kleinen Gruppe zugänglich ist, als etwas, das »sie«, die anderen, die Masse, die Spießer, nicht erfassen konnten. Der R&B präsentierte sich als Alternative zu den süßlichen, als verlogen empfundenen Schlagern, dem Jazz-Pop der Crooner.
Die Grenzen dieser Subkultur ermöglichten eine andersartige Verwendung einer damals zunächst nur begrenzt ausbaufähigen Anregung – der Verwendung schwarzer Musik durch weiße Hörer. Die Subsinnwelt der Subkultur als »esoterische Enklave« (Berger/Luckmann) folgt dabei einer paradoxen Strategie: Außenseiter fernhalten und doch Anerkennung erringen.